Konzeption

PRÄAMBEL

Nach Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz ist alle staatliche Gewalt verpflichtet, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Die Hilfe für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit hat daher einen hohen gesellschaftlichen Wert.

In der Region Hochfranken herrscht eine Unterversorgung für Kinder mit diesen besonderen Problemen. Die derzeit existierenden Angebote auf medizinischem, sozialem und psychologischem Gebiet, die von Ärzten sowie privaten und staatlichen Stellen getragen werden, sind nicht in der Lage diese Untervorsorgung zu kompensieren.

Sehr lange machte sich in der Region das Fehlen von medizinisch-therapeutischen Fachkräften bemerkbar. Diese Situation begann sich erst nach der Grenzöffnung leicht zu entspannen. In den Bereichen Neuropädiatrie sowie Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie blieb jedoch ein Mangel an Fachkräften bestehen. Auch kann das diagnostische und therapeutische sozialpädiatrische Leistungsspektrum der vorhandenen Strukturen den Anforderungen und Fragestellungen nicht gerecht werden.

Kindern, denen im Rahmen der vorhandenen Versorgungsstrukturen nicht geholfen werden kann, müssen bisher entweder nach Coburg oder Regensburg fahren, um die Leistungen eines SPZ in Anspruch nehmen zu können. Daher bestehen schon seit einigen Jahren vielfältige Bestrebungen, ein SPZ in Hof zu errichten , das die vorhandenen Dienste einbezieht, bestehende Ressourcen nutzt und fachlich qualifizierte Leistungen , die von einem SPZ auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des SGB V § 119 erwartet werden können , wohnortnah anbietet.

Artikel 1: Definition
Das Sozialpädiatrische Zentrum Hochfranken (SPZ) in Hof ist eine Einrichtung unter medizinischer Leitung zur wohnortnahen, fachübergreifenden Versorgung von Kindern und Jugendlichen der Region Hochfranken, die über den somatisch-kurativen Ansatz hinaus sozialpädiatrischer Leistungen bedürfen, welche bisher in der Region Hochfranken nicht angeboten werden. Das SPZ bezieht die vorhandenen Strukturen ein und bildet Schwerpunkte auf dem Gebiet der Diagnostik und der ergänzenden Therapien. Entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag arbeitet es eng mit den Ärztinnen und Ärzten sowie den Frühförderstellen und Jugendhilfeorganisationen unserer Region zusammen.

Artikel 2: Zielgruppe und Tätigkeitsfelder
Die Behandlung durch das Sozialpädiatrische Zentrum erfolgt entsprechend SGB V § 119 Abs. 2 ambulant auf Zuweisung durch einen Kassen- bzw. Vertragsarzt/-ärztin, vorzugsweise durch einen Kinder- und Jugendarzt/-ärztin. Das Leistungsangebot ist primär nicht auf die Grundversorgung ausgerichtet. Es konzentriert sich auf diejenigen Kinder und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die wegen der Art, Schwere und Dauer ihrer Erkrankung oder drohenden Erkrankung nicht oder nicht abschließend von geeigneten Ärzten oder Frühförderstellen diagnostiziert oder behandelt werden können. Insbesondere handelt es sich dabei um Kinder und Jugendliche mit

  • drohender bzw. bereits bestehender körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung bzw. Mehrfachbehinderung
  • chronischen Erkrankungen und den daraus folgenden komplexen Defiziten
  • Zustand nach Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung

Wesentliche Tätigkeitsfelder des SPZ sind:

  • Entwicklungsneurologie
    • mit Beurteilung der kognitiven, sensorischen, motorischen, sprachlichen und sozialemotionalen Entwicklung unter Beachtung der physiologischen Variabilität
    • Einbeziehung der altersabhängigen Symptomatik neurologischer Störungen und Erkrankungen
    • Indikationsstellung und Erfolgsbeurteilung der therapeutischen Maßnahmen
  • Psychologische Diagnostik
  • Weitere fachspezifische Befunderhebungen (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie etc.)
  • Interdisziplinäre Mitbetreuung von
    • chronisch-neurologischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter, wie z.B. cerebrale Bewegungsstörungen, Cerebralparesen Anfallsleiden, Spina bifida, Hydrocephalus, Nachbetreuung Schädel-Hirn-Trauma
    • Chromosomenaberration (z.B. Trisomie 21)
    • angeborene Fehlbildungen (z.B. Spina bifida)
    • Stoffwechselstörungen (z.B. psychologische Probleme von Kindern und Jugendlichen
    • malignen Systemerkrankungen
    • Entwicklungsstörungen, wie z.B.Teilleistungsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Legasthenie, Dyskalkulie, Autismus
    • Hyperkinetische Störungen
    • Essstörungen, wie z.B. Bulimie, Anorexie
    • Verhaltensstörungen, wie z.B. Enuresis, Enkopresis
    • Neurotische, somatoforme und belastungsabhängige Störungen, wie z.B. Tic, Phobische Störungen, Depressive Störungen, Zwangsstörungen, Hypochondrische Störungen, Posttraumatische Belastungsstörungen
    • Schlafstörungen

Artikel 3: Leistungen
Bei diesen Patientinnen/Patienten reicht ein rein somatischer Absatz für Diagnostik und Therapie in der Regel nicht aus. Es ist zusätzlich insbesondere die Berücksichtigung und Einbeziehung der individuellen, psychologischen und psychosozialen Gegebenheiten erforderlich. Erst durch das Zusammenwirken verschiedener Berufsgruppen in einem interdisziplinären Team werden eine umfassende Diagnostik und ein Interventionserfolg möglich. In der Regel umfassen die Leistungen des SPZ daher

  • Sozialpädiatrische und neuropädiatrische Diagnostik und Therapie
  • Psychologische Diagnostik und Psychotherapie
  • Entwicklungs- und funktionstherapeutische Maßnahmen
  • Psychosoziale Maßnahmen
  • Koordination ärztlicher, psychologischer, therapeutischer, sozialer und pädagogischer Tätigkeit

Zu diesen Leistungen gehören insbesondere auch:

  • Verlaufsuntersuchungen, Begleitung des Patienten und seiner Familie bei Langzeitbehandlung
  • Ambulante Rehabilitation als Schnittstelle zwischen klinischer Akutpädiatrie und pädiatrischer Reha-Klinik
  • Hilfestellung zur Verarbeitung der Folgen entwicklungsneurologisch bedingter Erkrankungen, dabei Nutzung der Ressourcen des Patienten
  • Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und Selbständigkeit der Kinder und Jugendlichen
  • Stärkung der familiären Ressourcen
  • Verbesserung des Krankheitsbewältigungsprozesses und der Lebensqualität für den Patienten wie für die Familie
  • Sicherung/Optimierung der sozialen Integration in Familie und Umfeld
  • Vernetzung mit anderen Institutionen und Behandlern
  • Beratung und Anleitung von Bezugspersonen

Das Case Management liefert dabei wesentliche Elemente für die Prozesssteuerung und die Arbeitsweise des SPZ`s.

Artikel 4: Personal
Die Teams des SPZ bestehen aus eng miteinander zusammenarbeitenden psychologischen, medizinischen, pädagogischen und sozialen Fachkräften und setzen sich aus folgenden Berufsbildern zusammen (Die Anzahl der Mitarbeiter in den einzelnen Berufsgruppen bestimmen sich nach den Gegebenheiten zumindest jeweils ein Mitarbeiter aus den genannten Berufsgruppen ist Standard):

  • Kinderarzt/-ärztin mit spezieller Qualifikation (z. B. Neuropädiatrie oder Psychiatrie)
  • Diplompsychologe/-in mit spezieller Qualifikation (z. B. psychologische(r) Psychotherapeut/-in)
  • Kinder- und Jugendpsychotherapeut/-in
  • Ergotherapeut/-in
  • Logopäde/-in
  • Krankengymnast/-in (auf neurophysiologischer Grundlage)
  • Sozialpädagoge/-in
  • und ggf. weiteren speziellen Fachkräften bzw. Therapeuten/-innen (z. B. Motopädie, Heilpädagogik, Musiktherapie und andere)

Zur Ermöglichung eines wirtschaftlichen Arbeitens und Entlastung einzelner Berufsgruppen von fachfremden Tätigkeiten ist zusätzlich Funktions- und Organisationspersonal erforderlich. Hierzu gehören eine

  • Funktionskraft (z. B. Kinderkrankenschwester, neurophysiologische Assistentin)
  • Sachbearbeiter/-in (Verwaltungsangestellte/r für Sekretariatsarbeiten und Qualitätssicherung)
  • Personalverwaltung

Artikel 5: Apparative Diagnostik
Der Klinik für Kinder und Jugendliche am Klinikum Hof obliegt die Bereitstellung der erforderlichen apparativen Diagnostik. Entsprechend den derzeitigen Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialpädiatrischen Zentren sollen dem SPZ folgende medizinisch-technische Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen:

  • Elektrophysiologische Diagnostik (EEG, Elektromyografie und Elektroneurografie, akustische und visuell evozierte Potentiale)
  • Audiologische Diagnostik (subjektive und objektive Audiometrie)
  • Klinisch-chemisches Labor
  • Bildgebende Verfahren (Röntgen, Ultraschall, MRT)
  • Videorecording

Artikel 6: Trägerschaft
Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands gemeinnütziger e.V. (CJD)
Vereinsregister Berlin Nr.30118B
Vorstand: Oliver Stier (Sprecher), Samuel Breisacher, Petra Densborn, Anke Schulz, Herwarth von Plate
73061 Ebersbach · Teckstraße 23
cjd@cjd.de · www.cjd.de

Artikel 7: Struktur und Organisation des Sozialpädiatrischen Zentrums
Die ärztliche Direktion des SPZ obliegt dem Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche des Klinikums Hof. Das SPZ Hochfranken wird von einem Facharzt für Kinderheilkunde (Qualifikationsprofil nach dem Altöttinger Papier), in der Funktion eines leitenden Oberarztes, fachlich geleitet. Die zusätzlich erforderlichen oberärztlichen und ärztlichen Mitarbeiter werden im Einvernehmen mit dem Träger vom Klinikum Hof dem SPZ in Form eines Gestellungsvertrages zugeordnet. Die weiteren Mitarbeiter des SPZ-Teams werden im Einvernehmen mit dem Ärztlichen Leiter vom Träger angestellt. Für einzelne Fachkräfte kann die Beschäftigung im Rahmen eines Honorarvertrages in Frage kommen. Alle Mitarbeiter/-innen unterstehen im Rahmen ihrer Tätigkeit für das SPZ fachlich dem Ärztlichen Leiter/-in. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der einzelnen in Artikel 4 aufgeführten Fachgebiete bilden das sozialpädiatrische Team.

Artikel 8: Qualitätssicherung
Die Arbeit des SPZ unterliegt einer ständigen Qualitätssicherung. Es werden dabei insbesondere die Kriterien Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität regelmäßig neu evaluiert. Basis hierfür stellt ein Qualitätshandbuch dar, welches in Grundzügen im "Altöttinger Papier" der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialpädiatrischen Zentren vorliegt. Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter/-innen sind für die Qualitätssicherung unabdingbar.

Artikel 9: Betriebsstätten
Als Standort für das SPZ war in der Antragskonzeption das ehemalige Schwesternwohnheim am Klinikum Hof, Konradsreuther Str. 2 vorgesehen. Hierzu wären größere Umbau- und Sanierungsmaßnahmen erforderlich gewesen. Eine Umbaufinanzierung konnte frühestens im Jahr 2007 gewährt werden. Um den dringenden sozialpädiatrischen Bedarf zu decken, ging das Sozialpädiatrische Zentrum in den Räumen Sedanstr. 17, 95028 Hof in Betrieb (Entfernung zur Kinder- und Jugendklinik ca. 750 m Luftlinie). Die dort vorhandenen Gegebenheiten ermöglichen die uneingeschränkte Umsetzung des sozialpädiatrischen Behandlungskonzeptes.

Artikel 10: Vernetzung und Kooperation
Das SPZ arbeitet eng mit den relevanten Personen, Diensten, Einrichtungen und Behörden zusammen, die für die im SPZ behandelten Kinder und Jugendliche tätig sind. Hierzu zählen über die Beteiligten an der Trägergemeinschaft hinaus insbesondere Niedergelassene Ärzte/-innen, Frühförderstellen, psychologische Psychotherapeuten sowie die vor Ort tätigen Fachkräfte auf medizinischem, psychologischem und sozialem Gebiet, die KVB, Jugendämter, Krankenhäuser und medizinische Spezialeinrichtungen, andere SPZ sowie Selbsthilfeorganisationen.

Hof, den 7. Dezember 2018

gendergerechte Schreibweise: Falls zur besseren Lesbarkeit im Text nur die männliche Form benutzt wird, beziehen alle Angaben trotzdem ausdrücklich alle Geschlechter mit ein.